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Hilfe, meine Texterin duzt mich: Über die richtige Anrede im Business (und in Texten)

Schön, dass Sie hergefunden haben. Darf ich Ihnen das branchenübliche Du anbieten? Tatsächlich wird das traditionelle „Sehr geehrte Damen und Herren“ mittlerweile von „Hallo“ und „Lieber …“ bzw. „Liebe …“ abgelöst – zumindest in der Welt des Marketings. Trotzdem tun sich beide Seiten – Kunde oder Kundin sowie Texter oder Texterin – schwer damit, einander zu duzen. Ist das nicht unprofessionell oder gar unhöflich?

Die Anrede muss zur Zielgruppe passen

Falls du selbst schreibst, weißt du, wie schwierig es sein kann, die gewünschte Zielgruppe dort „abzuholen“, wo sie steht, also richtig anzusprechen. Was als „richtig“ eingestuft wird, hängt vor allem vom Gegenüber ab. So lassen sich durchaus Argumente ins Feld führen, warum du als Schreibender oder Schreibende deine Klientel siezen solltest.

  • Das Sie zeugt von Respekt und Ernsthaftigkeit
  • Es schafft professionelle Distanz
  • Es erleichtert die Trennung zwischen Beruflichem und Privatem

Dieselben Vorteile kannst du, aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, jedoch genauso in Nachteile verkehren. Überspitzt ausgedrückt:

  • Wer siezt, ist humorlos und altbacken
  • Das Sie verhindert, dass du deinen Auftraggeber*innen auf Augenhöhe begegnest
  • Siezen erschwert das Miteinander und Netzwerken

Im Agenturalltag ist das Du auf dem Vormarsch. Wer für Freiberufler*innen und Kleinunternehmen schreibt, setzt ebenfalls vermehrt aufs informelle Du. Willst du mittelständische Unternehmen wortstark unterstützen, kannst du deine*n Ansprechparter*in siezen – musst du aber nicht. Tatsächlich duzt man sich in Großkonzernen und mittelständischen Betrieben immer häufiger – auch über das Firmeninterne hinaus, also ebenso im Umgang mit freien Mitarbeiter*innen.

Duzen in der Kommunikation – nur ein Trend?

Ich habe mich aus verschiedenen Gründen für das Du entschieden. Der aktuelle Zeitgeist mag da eine Rolle spielen, ist aber nicht allein ausschlaggebend. Als die Ikeaisierung der Kund*innenansprache könnte man das corporate Du verstehen, doch tatsächlich birgt das Duzen einige Vorzüge.

  • Das Du schafft Nähe und Vertrauen
  • Das Du wirkt partnerschaftlich, freund(schaft)lich und verständnisvoll
  • Das Du ist direkt und sorgt für bessere Interaktion

Wer nicht nur im Kreise seiner Lieben duzt, sondern das Du auch Geschäftspartner*innen anbietet, kann sich über eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe freuen. In der Akquise bedeutet das häufig, dass es einfacher ist, auf Menschen zuzugehen. Sprich sie einfach an! Wer duzt, verstärkt den Eindruck: „Ich kann mich in deine Situation einfühlen und verstehe dein Problem. Hier ist die Lösung.“

Doch bei allen Vorteilen gibt es natürlich dennoch eine Kehrseite der Medaille. Die unmittelbare Anrede kann nassforsch und ungelenk, ja, gezwungen jugendlich daherkommen. Daher lautet das Credo: Wenn du dich mit der Du-Ansprache unwohl fühlst, lass es. Es bringt nichts, wenn du dich dafür verstellen musst. Man wird dir rasch anmerken, wie du dich innerlich dagegen wehrst, so mir nichts, dir nichts einen Wildfremden per du anzuhauen.

  • Das Du kann übergriffig und gekünstelt wirken
  • Das Du lässt Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen

Wie du mir, so ich dir – die Anrede des Gegenübers spiegeln

Wenn du jemanden ansprichst, vor allem in schriftlicher Form, kann es nicht schaden, zuvor einen Blick auf die Eigendarstellung des jeweiligen Ansprechpartners bzw. der jeweiligen Ansprechpartnerin zu werfen. Wird auf der Website geduzt oder spricht man die Besucher*innen per Sie an? Go with the flow und übernimm, was man dir auf der Webpräsenz entgegenwirft!

Mischformen vermeiden

Richtig interessant wird das Kommunikationschaos bei Bewerbungen. In der Regel kommt der oder die Inserent*in nicht darum herum, potenzielle Kandidat*innen anzusprechen. Was steht da also? „Ihre Bewerbung senden Sie an …“ oder „Bewirb dich bei …“. Je nachdem, wie man dir in der Anzeige gegenübertritt, solltest du deine Bewerbung formulieren.

Aber Obacht! Es kann durchaus vorkommen, dass du die Zuständigen in der Personalabteilung geduzt hast, weil man im Inserat mit dir per du war. Bekommst du dann jedoch die Einladung zum Vorstellungsgespräch, seid ihr schwuppdiwupp wieder per Sie. Nanu, was ist denn hier passiert? Ganz einfach, das Corporate Design sieht offenbar vor, dass man sich als Unternehmen frisch, jugendlich und direkt gibt. Intern herrscht aber ein anderer Ton. Hier solltest du genau hinhören, ob der Betrieb deinen Vorstellungen von einer offenen Unternehmenskultur gerecht wird. Aber das ist ein Thema für einen anderen Text …

Irgendwann ist das informelle Siezen + Vorname („Sie, Marlene“) geläufig geworden. Filme wie „Herr Lehmann“ haben diesen Trend der Jahrtausendwende durch du + Nachname („du, Herr Lehmann“) ad absurdum geführt. Beides finde ich unsinnig. Beides zeugt von einer Kommunikationsstrategie, die weder Fisch noch Fleisch ist und sich irgendwo zwischen freundschaftlich und corporate einordnet, am Ende des Tages aber doch nur zwischen den Stühlen landet. Die Folge? Dein Kunde oder deine Kundin kennt sich wirklich nicht aus. Was seid ihr jetzt? Geschäftspartner*innen, Freund und Freundin oder einfach nur eine Feel-good-Rauchbombe in der Unternehmenswelt?

Maßgeschneiderte Angebote erfordern Empathie

Wer gute Texte für gute Leute liefern will, muss verstehen, was das Gegenüber will. Mein Anspruch ist es, herauszufinden, was dich bewegt und wie du tickst. Im Vieraugengespräch lässt sich das am besten herausfinden. Ich möchte meine Kunden und Kundinnen nicht nur ansprechen, sondern wirklich kennenlernen. Erst dann kann ich ihre Botschaft im Kern treffen. Genau deshalb macht es Sinn, sich auf Augenhöhe zu treffen.

Als Texter*in ist es meine Aufgabe, kompetent und konkret zu sein. Also Tacheles! Dazu gehört es, wie überall, authentisch zu sein. Also: Du oder Sie? Was passt zu deinem Business und – wichtiger noch – zu deiner Person? Für meine (potenziellen) Kund*innen heißt das: Lass uns über deine Herzensangelegenheit reden – ganz einfach 1 on 1. Also schreib mal wieder.

Viele Grüße

Eva

PS: Du kannst übrigens „Du“ oder „du“ schreiben. Die deutsche Rechtschreibung sieht hier keine einheitliche Regelung vor. Beides ist grundsätzlich möglich. Die Großschreibung beim Sie ist vor allem dem Respekt geschuldet und unverzichtbar, um Verwechslungen auszuschließen. Das großgeschriebene „Du“ ist ähnlich motiviert, aber keine Pflicht.

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